Expertenbeitrag von Joachim Zimmel
Kunden stehen manchmal vor dem Problem, dass die Eigenkapitalstruktur für geplante Finanzierungschritte und dem dafür notwendigen Bonitäts-Rating nicht optimal ist. In diesem Fall schauen sich die Experten von FPX die Möglichkeiten an, durch Nachrangkapital die Bilanzstruktur zu verbessern. Nachrangiges Kapital füllt bei Finanzierungsvorhaben oft die klaffende Lücke zwischen Eigenkapital und Fremdkapital, Unternehmer oder Investoren können oder wollen oftmals nicht mehr Eigenkapital aufbringen und Banken stellen ebenfalls nur einen gewissen Anteil an Fremdkapital zur Verfügung.
Daher ist hier Kreativität gefragt. Aber was genau sind hier die Merkmale und Möglichkeiten?
Zuerst sei gesagt, dass Nachrangkapital verschiedene Ausprägungen haben kann – speziell je nach Ausgestaltung der Verträge kann es mehr oder weniger eigenkapitalähnlichen Charakter haben und damit Ihre Bilanz bzw. Bonität verbessern. Warum? Weil Nachrangkapital eine Haftungsfunktion zwischen Eigenkapital und vorrangigen Fremdkapital übernimmt.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Nachrangkapital
- Typische Merkmale von Nachrangkapital
- Das Wichtigste im Überblick
- Bilanzierungsansatz und Auswirkung auf das Rating
- Von wem wird Nachrangkapital genutzt?
- Vergabeprozess von Nachrangkapital
- Formen des Nachrangkapitals
- Nachrangkapital: Vor- und Nachteile
- Executive Summary: Nachrangkapital als Mischform zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung
Was ist Nachrangkapital?
Als Nachrangkapital bezeichnet man Verbindlichkeiten, die in ihrer Rangfolge den anderen gewöhnlichen Verbindlichkeiten gegenüber hintenangestellt („nachrangig“) sind. Das bedeutet im Falle eines Konkurses oder einer Liquidation, dass der nachrangige Gläubiger seine Ansprüche auf Rückzahlung aus dem verfügbaren Vermögen erst nach allen anderen vorrangigen Gläubigern geltend machen kann.
Der große Nachteil: Je später ein Gläubiger in der Rangfolge drankommt, desto höher ist das Risiko, dass er leer ausgeht, so nach dem Motto „den Letzten beißen die Hunde“. Der große Vorteil: Als Kompensation für dieses Risiko bekommen Kapitalgeber für Nachrangkapital höhere Zinsen.
Unter ganz besonderen Bedingungen, wie einer tiefen Nachrangabrede und unbefristeter Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeiten, kann Nachrangkapital auch bilanziell dem Eigenkapital zugeordnet werden.
Fünf typische Merkmale von Nachrangkapital
Grundsätzlich steht Nachrangkapital zwischen Eigen- und Fremdkapital. Es ist für den Darlehensgeber durch die Nachrangigkeit riskanter und stärkt aber andererseits die Kreditwürdigkeit von Firmen durch die Nähe zum Eigenkapital. Nachfolgende fünf Merkmale des hybriden Charakters sind bei der Ausgestaltung daher entscheidend, ob es mehr als Eigenkapital oder Fremdkapital gesehen wird:
Laufzeiten
Hier gilt der Grundsatz je länger, desto höher die Risikotragfähigkeit für das Unternehmen und damit der Eigenkapitalcharakter. Es gibt keine verbindliche Rechtsmeinung, eine gute Benchmark sind mindestens 5 bis 8 Jahre oder gar eine unbefristete Laufzeit. Unter 5 Jahren Laufzeit ist es fast immer als Fremdkapital zu qualifizieren.
- Nachrangklausel
Je nachdem, wie tief und qualifiziert die Nachrangabrede formuliert ist, d.h. je später und je geringer die Ansprüche der Gläubiger im Falle einer Insolvenz oder Konkurses sind, desto höher das Risiko für den Darlehensgeber. Es gibt verschiedene Formen, wo beispielsweise der Nachrang nur gegenüber genau bestimmten Bankverbindlichkeiten definiert wird, um den Banken im Rahmen einer Gesamtfinanzierung zusätzlichen Risikokapitalpuffer zu bieten.
- Zinszahlung
Die Zinsen für derartige „Risikodarlehen“ liegen deutlich über risikoarmen Investments in Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen höchster Bonität, in vielen Fällen gibt es neben einer recht hohen Grundverzinsung auch erfolgsabhängige Komponenten, wie z.B. einen jährlichen prozentuellen Anteil am EBITDA oder dem Jahresüberschuss. Die Renditeerwartung der Investoren liegt im Bereich zwischen 5 und 10 % p.a. und damit knapp unter den erwarteten Renditen für Private Equity.
- Exit Fee
Zudem kann es neben einer erfolgsabhängigen Verzinsung auch eine Beteiligung am Veräußerungsgewinn bei Verkauf des Unternehmens bzw. des Wertzuwachses bis zum Ende der Laufzeit geben, mit dem das unternehmerische Risiko von Nachranggläubigern abgegolten wird. Diese sogenannte „Exit Fee“ oder „Equity Kicker“ wird meist in Form eines prozentuellen Anteils anhand des Verkaufsgewinns bzw. einer definierten Wertzuwachsformel berechnet und vertraglich fixiert.
- Mitspracherechte und Gesellschafterstruktur
Nachrangkapitalgeber sind keine Gesellschafter und haben keine Mitspracherechte als Gesellschafter. Doch können sich die Darlehensgeber in den Verträgen umfangreiche Zustimmungs- und Informationsrechte sichern. Daher ist es für das Unternehmen und deren Geschäftsführer besonders wichtig, solche Verträge auch im Kreise der Eigentümervertretung (Gesellschafterversammlung bzw. Aufsichtsrat) abzusegnen, da Nachrangkapitalgeber sich damit indirekt für wichtige Geschäftsvorgänge sehr wohl gewisse Vetorechte, Kündigungsrechte oder Zustimmungsrechte vertraglich sichern. Diese können das Unternehmen in seiner Handlungsfreiheit etwas einschränken. Dies sollten Unternehmer bei dieser Alternative zum Firmenkredit Österreich bedenken.
Bilanzierungsansatz und Auswirkung auf das Rating
Wie schon erwähnt hängt die Bilanzierung von den einzelnen Instrumenten der Finanzierung und deren vertraglicher Ausgestaltung ab. Die Kriterien der Bilanzierung sind im österreichischen UGB (Unternehmensgesetzbuch) nicht so genau definiert wie z.B. in den internationalen IFRS (International Financial Reporting Standards – internationale Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen) und bieten daher einen Interpretationsspielraum. Grundsätzlich gilt aber, je tiefer der Nachrang und je länger die Laufzeit (bestenfalls unbefristet ohne Kündigungsmöglichkeit durch den Gläubiger) desto eher ist eine Bilanzierung im Eigenkapital zu rechtfertigen.
Die Risikofunktion von Nachrangkapital berücksichtigen auch die Banken in ihrer Bilanzanalyse, indem sie dieses – sofern es mehr als 5-8 Jahre Laufzeit und einen qualifizierten Nachrang aufweist – in aller Regel dem wirtschaftlichen Eigenkapital zuordnen. Damit verbessern sich das Bilanzrating und die Bonität des Unternehmens. Dies wiederrum ermöglicht in vielen Fällen erst eine Bankfinanzierung und verbessert gleichzeitig Konditionen und Bedingungen.
Das Wichtigste im Überblick
Zunehmend mehr mittelständische Unternehmen und Start-ups finanzieren sich über Nachrangkapital – bezeichnet auch als Mezzanin-Kapital.
- Nachrangkapital bewegt sich zwischen Fremd- und Eigenkapital. Je höher die Verlusttragfähigkeit und je länger die Laufzeit, umso stärker überwiegt der Eigenkapitalcharakter.
- Nachrangkapitalgeber haben keine Gesellschafterstellung und damit keine direkten Mitspracherechte. Allerdings können sie in Verträgen aber Informations- und Zustimmungsverpflichtungen bekommen, um indirekt Einfluss nehmen zu können.
- Nachrangkapitalgeber stehen im Rang hinter allen Bankverbindlichkeiten und tragen damit wesentlich höhere, eigenkapitalähnliche unternehmerische Risiken.
- Banken werten Nachrangkapital in Ihrer Bilanzanalyse und dem Rating als wirtschaftliches Eigenkapital, wenn es einen qualifizierten Nachrang und eine lange Laufzeit aufweist.
- Die Verzinsung ist dementsprechend höher und kann neben fixen auch erfolgsabhängigen Komponenten haben, beispielsweise eine prozentuelle Beteiligung am Gewinn des Unternehmens.
Von wem wird Nachrangkapital genutzt?
Grundsätzlich kann und wird Nachrangkapital von Unternehmen aller Größen und Branchen genutzt, speziell dann, wenn es eine zu schließende Finanzierungslücke zwischen Eigen- und Fremdkapital gibt.
Oftmals nutzen es KMUs im Zuge von großen Wachstumsprojekten, beispielsweise einer Projektfinanzierung, oder der Finanzierung einer Unternehmensübernahme. Dabei treten zumeist professionelle Investoren, wie Mittelstand-Beteiligungsfonds oder Mezzanin-Kapitalgesellschaften, als Geldgeber auf.
Es gibt bereits einige Crowdinvesting-Plattformen, auf welchen sich kleinere junge Unternehmen bzw. Start-ups mit Nachrangkapital versorgen können. Dabei treten zahlreiche Kleinanleger als Investoren auf. Zudem nutzen gerne Bauträger diese Finanzierungsquelle zur Ausfinanzierung von größeren Projekten über eigene Fonds und Plattformen für solche Immobilientransaktionen.
Nachrangkapital kann für einen zusätzlichen Unternehmerkredit bei der Bank hilfreich sein, aber dieses kann in bestimmten Konstellationen – je nach Investoren und Form – bei den Banken auch als schlechter Indikator gelten. Wenn es also um die Auswahl der richtigen Unternehmensfinanzierung geht, nehmen Sie am besten Kontakt zu einem Experten der FPX auf.
Vergabeprozess von Nachrangkapital
Unternehmen werden von professionellen Nachranggläubigern einer eingehenden Bonitätsprüfung und Due-Diligence unterzogen, deren Anforderungen meist weit über die einer Kreditprüfung durch eine Bank hinausgehen.
Formen des Nachrangkapitals
Grundsätzlich gilt im Rahmen der zivilrechtlichen Gesetze die vertragliche Gestaltungsfreiheit. Die häufigsten Formen von Nachrangkapital sind:
- Genussrechte bzw. Genussscheine mit Rückzahlungsanspruch zum Nominalwert und Erfolgsbeteiligung.
- Stille Beteiligungen in Form von echten und unechten (atypische) stillen Beteiligungen, wobei der Investor entweder als Mitunternehmer oder als reiner Geldgeber auftritt.
- Nachrangdarlehen in diversen Ausprägungen, wie z.B. mit partiarischer Gewinnbeteiligung und Anteile am Wertzuwachs bzw. Veräußerungsgewinn.
- Wandel-und Optionsanleihen,welche eine feste Verzinsung mit dem Recht auf Umtausch in Aktien bzw. Beteiligung verbinden.
- Hybridanleihen mit unbefristeter bzw. unendlicher Laufzeit und Kündigungsverzichten.
Nachrangkapital: Vor- und Nachteile
Ein nachrangiges Instrument ist eine zusätzliche Finanzierungsvariante mit Eigenkapitalcharakter auf der Seite der Unternehmen, während es für Investoren eine unternehmerische Portfolio-Beimischung mit höheren Risiken und Ertragschancen darstellt.
Vor- und Nachteile aus Sicht der Kapitalnehmer
Vorteile:
- Stärkung des Haftkapitals und damit der Bonität gegenüber Banken und Geschäftspartnern
- Schließen von Finanzierungslücken und Ermöglichung von Wachstumsprojekten
- Nutzung von Know-How und Netzwerk von professionellen Investoren
- Keine Abgabe von Unternehmensanteilen, lediglich Gewährung einer Gewinnbeteiligung
- Keine neuen Gesellschafter mit offiziellen Mitspracherechten
Nachteile:
- Höhere Kapitalkosten im Vergleich zum Firmenkredit der Bank
- Langfristige und intensive Prüfungs- und Verhandlungsphase mit den Investoren
- Laufendes Handling von Informations- und Zustimmungspflichten der Gläubiger
Vor- und Nachteile aus Sicht der Kapitalgeber
Vorteile:
- Hohe Ertragschancen
- Kapitalveranlagung in unternehmerische Aktivitäten
- Diversifikation des Portfolios
- Ausbau von Kontakten und möglichen späteren Beteiligungschancen
Nachteile:
- Keine klassische Gesellschafterstellung und Stimmrechte
- Nachrangigkeit = höheres Risiko bzw. Schadenserwartungswert im Insolvenzfall
Executive Summary – Nachrangkapital als Mischform zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung
Nachranginstrumente stehen als zusätzlicher Risikopuffer zwischen Eigen- und Fremdkapital und werden daher auch als Mezzanin-Kapital bezeichnet. Sie stärken die Gesamtfinanzierung und ermöglichen vielfach die Ausfinanzierung von großen Investitionsprojekten von Unternehmen. Die Ausprägung bewegt sich je nach Verlust- bzw. Substanzbeteiligung und Laufzeit zwischen Fremd- und Eigenkapital und sollte als Alternative bei der Suche nach dem Unternehmer Kredit in Österreich in Erwägung gezogen werden.
Dem Investor bietet diese Finanzierungsform in der heutigen Niedrigzinsphase eine Gelegenheit, höheren Renditen durch das Eingehen unternehmerischer Risiken zu erhalten.
Die Experten von FPX erläutern Ihnen gerne, wie die Finanzierung mit Nachrangkapital funktioniert und ob dies eine passende Alternative für einen klassischen Kredit für Unternehmen sein kann.